200 Millionen Stadt-Bienen leben und arbeiten in Wien
Auf jeden Wiener kommen in den Sommermonaten rund 100 Bienen – es gibt also weit mehr Bienen als Wiener in der Stadt und das ist auch gut so. Denn Bienen und andere Insekten sind unverzichtbare Bestäuber von Kulturpflanzen wie Obst und Gemüse. Sie sind also ein wichtiger Baustein im Ökosystem und sie zu fördern ist mehr als Eigennutz, es ist Sicherung der natürlichen Vielfalt und unserer Lebensgrundlagen: „In Wien legen wir großen Wert auf den Schutz der Bienen, denn sie sind lebenswichtig für uns alle. Als Stadt Wien verfolgen wir dabei einen ganzheitlichen Ansatz – von der Schaffung geeigneter Lebensräume, über die Ansiedelung von Bienenvölkern auf stadteigenen Flächen bis hin zum Einkauf pestizidfrei produzierter Bio-Lebensmittel“, so Umweltstadträtin Ulli Sima.
Im Rahmen einer von der Wiener Umweltschutzabteilung (MA 22) beauftragten Studie wurden im Jahr 2015 456 Wildbienenarten in Wien nachgewiesen. Das bedeutet, dass rund 66 % der in ganz Österreich vorkommenden Bienenarten auch in Wien heimisch sind. Daneben finden sich vom Menschen gezüchtete Honigbienen, mit mehr als 5.000 Völkern im Stadtgebiet, die von privaten Imkern, Vereinen oder städtischen Dienststellen betreut werden.
Stadt Wien schafft Lebensräume für Bienen
Die Stadt Wien denkt an ihre sechsbeinigen BewohnerInnen und setzt unter anderem im Rahmen des Arten- und Lebensraumschutzprogramms Netzwerk Natur zahlreiche Maßnahmen. Dazu zählen wilde Ecken in Parks wie dem Florianipark, die Schmetterlingswiese im Donaupark oder die von Netzwerk Natur und dem Bezirk Mariahilf angelegte Wiese am Europaplatz. Alle diese und weitere Flächen werden von den Wiener Stadtgärtner (MA 42) bewusst extensiv gepflegt. Das bedeutet, dass diese Wiesen nur selten gemäht werden und der Boden durch den Abtransport des Mähguts nährstoffarm gehalten wird. Im Donaupark wurde auch ein großes Insektenhotel aufgestellt, in dem Wildbienen gerne ihre Eier ablegen. Zwei Tafeln klären über das Leben von Wildbienen und Schmetterlingen auf. Auch Wildbienenhotels für den privaten Bereich sind inzwischen fast überall im Handel erhältlich oder können ganz einfach selbst gebaut werden. Dazu Zweige vom Holunder senkrecht stapeln oder Löcher in Holzscheite bohren und an einem sonnigen Ort nahe der Futterpflanzen anbringen. Die Lebensgrundlagen für Wildbienen und Honigbienen sind in Wien aufgrund zahlreicher Maßnahmen der Stadt also recht günstig. Neben den Projekten der Stadt Wien können auch alle BürgerInnen ganz leicht etwas zum Bienenwohl beitragen – sei es durch Bienenfutterpflanzen im Balkonkisterl, Wildbienenhotels nahe dem Futterangebot, den Verzicht auf Pestizide im Schrebergarten oder mehr Bio auf dem Speiseplan.
Honig aus der Stadt: Wien zeigt, wie’s geht!
Von insektenfreundlichen Bepflanzungen und Pestizidverzicht profitieren nicht nur Wildbienen, Falter oder Heuschrecken, auch die bekannteste Bienenart, die Honigbiene, schätzt blühende, nektarreiche Wiesen. Nebenprodukt fleißiger Bestäubungsflüge ist herrlicher Honig, was in der Stadt Wien einen richtigen Bienenvölker-Boom ausgelöst hat. Nicht nur private Imker lassen ihre Bienen ausschwärmen. Ebenso gewinnt die Stadt Wien bereits auf zahlreichen stadteigenen Flächen hochwertiges „Bienengold“.
Der Bio-Honig des Forst- und Landwirtschaftsbetriebes-MA 49 vom Cobenzl ist genauso in aller Munde wie der Rathaushonig, dessen Sammlerinnen tatsächlich vom Rathausdach weg ausschwärmen. Weitere „städtische“ Bienenvölker befinden sich am Wiener Zentralfriedhof und Südwestfriedhof, bei Wien Kanal im Blumental oder bei der Hauptkläranlage der ebswien sowie in den Blumengärten Hirschstetten und im Schulgarten Kagran der Wiener Stadtgärten-MA 42. Und bei Wien Energie produzieren die fleißigen Bienen zwischen den Solarkraftwerken in Liesing jedes Jahr mehrere Kilogramm „Solarhonig“. Auch auf dem Gründach der Wiener Umweltschutzabteilung wird demnächst ein Bienenvolk einziehen.
Bienenlebensräume – je bunter, desto besser!
Kurz getrimmter Rasen und exotische Pflanzen mögen manch penibles Auge erfreuen, haben jedoch keinen ökologischen Wert, schon gar nicht für Wildbienen und andere heimische Insekten. Für Bienen am besten sind vielfältige heimische Blumen, Kräuter, Stauden und Obstgehölze mit einfachen, ungefüllten Blüten – nur so können sie den Nektar erreichen. Eine „Bienenweide“, also eine Wiese als vielfältiges Blütenmeer, mit Strukturen und wilden Ecken, bietet sowohl ein buntes Naturerlebnis für uns Menschen als auch Lebensraum für Pflanzen und Tiere bietet. Insektenfreundliche Wiesen brauchen kaum Pflege und müssen, je nach Nährstoffgehalt, nur ein- bis zweimal im Jahr gemäht werden. Die richtige Kräutermischung sorgt dafür, dass Wildbienen, Schmetterlinge und andere Insekten rund ums Jahr einen gedeckten Tisch auffinden. Ähnlich verhält es sich mit Stauden, Sträuchern und Bäumen. Frühblüher wie Weidenkätzchen und Dirndlstrauch bieten ersten Nektar nach dem Winter, Efeu lockt noch im Spätherbst Bienen zu den unscheinbaren Blüten. Lebensräume für Bienen und andern Insekten werden auch in der Planung von Freiräumen bei städtebaulichen Vorhaben berücksichtigt. Stadtwildnis wird so schon mitgeplant: Beispiele sind etwa die „Freie Mitte“ am Nordbahnhof-Areal oder der Helmut Zilk Park beim Hauptbahnhof. Staudenmischungen der Wiener Stadtgärtner lassen die Grünflächen erblühen und bringen Insektenleben vor die Haustüre.
Begrünte Gebäude – Insektenwohnraum und Klimaanlage
Die Stadt Wien setzt im Kampf gegen die Folgen des Klimawandels unter anderem auf Gebäudebegrünungen. Sie sind wirksam gegen Hitze-Hotspots in der Stadt und bieten zudem zahlreichen kleinen Stadt-MitbewohnerInnen, wie Vögeln und Insekten Versteckmöglichkeiten und Nahrung. Blühende Varianten mit Glyzinien oder Efeu bieten Augenschmaus für Menschen und Nahrung für hungrige tag- und nachtaktive Insekten.
Die Stadt Wien fördert die Begrünung von Fassaden, Dächern und Innenhöfen von Privatpersonen finanziell und kann selbst mit Vorbildwirkung hinsichtlich Fassadenbegrünung aufwarten: gelungene und frühe Beispiele sind die Amtsgebäude der MA 31 – Wiener Wasser und der MA 48 – Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Fuhrpark sowie das Bezirksamt des 5. Bezirks. Auf dem Gebäude der Wiener Umweltschutzabteilung findet sich ein Gründach mit Versuchsflächen zur wissenschaftlichen Beobachtung unterschiedlicher Pflanzsubstrate und Kräutermischungen.
Aktuell läuft das Projekt „50 grüne Häuser“, das mit Unterstützung der Stadt Wien, eine leicht praktikable Lösung für ein Fassadenbegrünungs-Modul entwickelt und erprobt. Gestartet wird die Begrünungs-Initiative im dicht bebauten Innerfavoriten. Künftig soll es auf Initiative von Umweltstadträtin Ulli Sima auf 150 grüne Häuser und auf andere Stadtgebiete ausgeweitet werden. Zur Meldung geeigneter Fassaden wird derzeit aufgerufen!
Wie die eigenen Essgewohnheiten, Bienen schützen können
Vor allem im konventionell landwirtschaftlichen Bereich sind Pestizide im Einsatz. Diese schaden auch den nützlichen Insekten und nicht nur dort, wo sie ausgebracht werden, sondern wesentlich weiträumiger. Wer nützlingsfreundlich einkaufen möchte, greift deshalb besser zu Bio-Qualität – nur hier wird der Einsatz von zugelassenen chemischen Pflanzenschutzmitteln streng kontrolliert und im besten Fall ganz darauf verzichtet.
Die Stadt Wien geht beim Einkauf auch hier mit gutem Bespiel voran. Das nachhaltige öffentliche Beschaffungsprogramm ÖkoKauf Wien verbietet gentechnisch veränderte Lebensmittel und schreibt einen Bioanteil von 30 % für die EinkäuferInnen der Stadt vor. Teils liegen Wiener Einrichtungen sogar deutlich über dieser Vorgabe: Der Bioanteil an Lebensmitteln in den Kindergärten und Pflichtschulen der Stadt beträgt rund 50 Prozent, im Krankenanstaltenverbund und den Pensionistenwohnhäusern der Stadt etwa bei 33 Prozent. Die beträchtliche Menge an von der Stadt beschafften Bio-Lebensmitteln hat nicht zuletzt positive Auswirkungen auf Angebot und Preise.
Insekten kennen und schätzen lernen!
Die Stadt Wien bietet bei Veranstaltungen und Exkursionen Informationen zum Schutz von Insekten, wie Wildbienen, Schmetterlingen oder Käfern an, die deren Selbstwert und Nutzen im Ökosystem verständlich machen sollen. Broschüren und Studien stehen Interessierten zum Download bereit. Die Natur vor der eigenen Haustüre kann z. B. beim alljährlich stattfindenden Wiener Tag der Artenvielfalt (heuer am 21. und 22. Juni) erkundet werden: Hierbei werden Fauna und Flora eines eingegrenzten Gebiets gemeinsam mit ExpertInnen erforscht und die entdeckten Arten dokumentiert. Mehr Informationen unter www.umweltschutz.wien.at.
Für Kinder bietet EULE, das Umweltbildungsprogramm der Stadt, (www.eule.wien.at) zahlreiche Veranstaltungen zu den Themen Natur und Umwelt. Damit Schulklassen und Kindergärten die Natur in Wien kennen lernen können, veranstaltet die Wiener Umweltschutzabteilung-MA
Fotos: Manfred Pendl/MA 22
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